Der Wiederaufbau

Kirchenburg Walldorf

 

Kirchenburg Walldorf  ©Heinrich Frhr. von Berlepsch

 

Kirchenburg Walldorf  ©Heinrich Frhr. von Berlepsch

 

Steinmetzen

 

Kirchenburg Walldorf  ©Heinrich Frhr. von Berlepsch

 

Link: Baufortschritt: Stand 05.06.2016

 

Der Wiederaufbau der Kirchenburg Walldorf 
geht ins vierte Jahr. Am 3. April 2012 war die Kirche abgebrannt. Kurz nach den Aufräumungsarbeiten begann die Rekonstruktion der Anlage. Ende 2016 soll es wieder Gottesdienste in der Kirche geben, doch die Überarbeitung der Burg wird voraussichtlich erst 2018 zum Abschluss kommen.

 

Leitlinie für den Wiederaufbau ist "Zukunftsfähigkeit". Über den religiösen Aspekt einer "Gemeindekirche" hinaus, bauen wir eine "Kinderkirchenburg", eine "Kirche am Werra Radweg" sowie eine "Biotopkirche". Auch archäologisch ist die Kirchenburg Walldorf recht interessant.

 

Näheres erfahren Sie auch hier:

Link: www.facebook.com

 

 

Mittwoch, 1. April 2015 Seite 15 WERRA-BOTE Abdruck mit freundlicher Genehmigung der Zeitung „Meininger Tageblatt“ Artikel von Oliver Benkert



Jetzt die Kirche von Morgen bauen
Drei Jahre nach dem verheerenden Kirchenbrand in Walldorf laufen die Wiederaufbauarbeiten auf Hochtouren. Es wird auf jeden Fall noch weitere drei Jahre dauern, bis die in Thüringen einmalige Kirchenburgsanierung zum Abschluss kommt.

Walldorf
 Jeder, der einmal ein Haus gebaut hat, weiß, dass man mit bauen eigentlich nie fertig wird. Ist man hinten fertig, fängt man vorne wieder an. So wird es sicher auch der evangelischen Kirchgemeinde Walldorf ergehen, die nach dem Brand am 3. April 2012 mitten im Dorf eine der größten Kirchenbaustellen Thüringens einrichtete.

 

In den drei Jahren, in denen vor allem Handwerker unterschiedlichster Gewerke vor Ort tätig waren, konnte Beachtliches geleistet werden: Komplett saniert steht der Turm da und gefällt mit seinem neu verfugten Sichtmauerwerk. In ihm als Herzstück schlagen vier nicht mehr ganz jungfräuliche Bronzeglocken und drei Zifferblätter zeigen den Menschen die Zeit an. Sichtbares Zeichen des Baufortschritts ist zudem das mit roten Ziegeln eingedeckte Kirchendach.

Die Burg ist die Baustelle
Was sich sonst noch tat und tut, erschließt sich bei einer äußerlichen Betrachtung nicht. Dazu muss man hinein in die Baustelle und sich auf einen Rundgang einlassen. Möglichst in Begleitung der beiden Protagonisten des Wiederaufbaus, Pfarrer Heinrich von Berlepsch und dem leitenden Architekten Karsten Merkel.

 

Ansonsten kommt man nämlich aus dem Staunen kaum heraus und verliert schnell die Übersicht. Denn die Zeit, in der allein die Kirche mit ihrem Turm im Mittelpunkt stand, ist längst vorbei. Die Baustelle ist die Burg, das Gotteshaus ein Teil von ihr. Und die Baustelle ist umfangreicher, als viele bisher glaubten.


Architekt Merkel fasst dies mit einem Satz zusammen: „Wir haben die Hälfte des Sanierungsaufwandes noch lange nicht erreicht." Das wird einem schnell bewusst. Betritt man den Fußweg hinauf zur Kirche, zeigen einem Gerüste am äußeren Mauerwerk schon an, dass man auf Sanierungsterrain steht. Spätestens am Eingangsbereich wird deutlich: Vorsicht, überall Baustelle!


Handwerker haben den steinernen Torbogen abgenommen, um den Sockelbereich sanieren zu können. „Hier müsst ihr drei bis vier Steinschichten abtragen", erklärt Merkel einem Vorarbeiter, wie das angrenzende Mauerwerk, welches das Tor stützt, wieder eigene Standfestigkeit erlangt. Dann zeigt er Pfarrer von Berlepsch eine Zeichnung, auf der ein spitz zusammenlaufendes, massives Holztor zu sehen ist. Gedacht ist es für den Eingangsbereich. Offenbar gibt es da noch Gesprächsbedarf.

 

Einig sind sich aber beide, den Eingang mit einem geschlossenen Tor, ausgestattet mit einer kleinen eingebauten Zugangstüre, zu versehen. Das weckt die Neugierde künftiger Besucher.

 

Wenn sie das Tor durchschreitend geradeaus weiterlaufen, stoßen sie direkt auf den nördlichen Burgbereich, der momentan so hergerichtet wird, dass er sich hervorragend für unterschiedlichste Anlässe, für Feiern und Feste eignet.

 

Auf der großzügigen Fläche, die sich leicht erhöht zur Burgmauer zieht, wird eine überdachte Freilichtbühne entstehen.

 

Geplant ist hier der Aufbau eines offenen Fachwerkgebäudes, wie es einst als Leiter Gaden dort schon einmal stand. Erst das Fehlen jenes Nebengelasses hat gezeigt, wozu es noch diente: Es schützte den darunter-liegenden Keller vor Nässe.

Gaden
Ertüchtigt werden im Zuge des Neubaus der Burganlage auch wieder die vier Ecktürme. Der Nordturm, rechts neben der überdachten Terrasse, wird zu einem besonderen Blickfang ausgebaut. Auf dem Mauerstumpf wird die alte Haube des Kirchturmes aufgesetzt. Das Feuer hat dem einst krönenden Zierwerk mit seinen rund 400 Jahre alten Eichenbalken nicht viel anhaben können. Es wird als „Pavillon des halb verkohlten Holzes" eine Augenweide- und ein Aussichtspunkt. Der zweite Turm an der Nordmauer wird zwar auch saniert und hergerichtet, soll aber nicht öffentlich zugänglich sein.

Grüne Oase der Stille
Anders die beiden Türme auf der gegenüberliegenden Seite. Der Ostturm, heute Träger des erhöhten Storchenhorstes, kann über eine Treppe nach unten quasi von innen besichtigt werden.

 

Sein Pendant, der Südturm, erhält eine obere und untere begehbare Plattform. Die quirlige Nordseite der Burg bekommt mit Südseite ein Gegenstück. Und zwar eine grüne Oase der Stille, die zum Innehalten anregen und der Natur mit Pflanzen und Tieren Raum geben soll. Sie wird daher nur beschränkt begehbar sein.


„Ich kann mir zum Beispiel eine Nutzung im Rahmen des Biologieunterrichts vorstellen." Es ist eine von vielen Ideen des Geistlichen, mit denen er eine Kirche von Morgen errichten will, die in seiner Vorstellung ein heiliger, aber auch ein weltlicher Ort werden soll.

 

Wen wun-dert's da, dass der höchste Punkt der Außenmauer, die in den kommenden Monaten Stück für Stück in die Kur genommen wird, gleichzeitig als Kletterwand nutzbar sein soll. Weil das Abseilen am Turm aus verschiedenen Gründen nicht mehr möglich ist, wird diese Funkti-on auf die zehn Meter hohe Sandsteinwand mit Blickrichtung Pfarrgasse übertragen.

Ein offener Raum
Fantasie ist zugleich bei der Ausgestaltung des Kircheninneren gefragt. Noch kann sich kaum einer vorstellen, wie das religiöse Wohnzimmer der Gemeinde mit seinen 34 unterschiedlich verglasten Fenstern in all seiner Offenheit einmal ausgeleuchtet und strahlen wird. Auch nicht, wie die neue Kirche im Baustil von 1580 aussieht, von welcher der Pfarrer gerne redet. Es wird ein großzügiger Raum ohne Emporen sein.

 

Das steht fest. Er wird mit einer modernen Orgel bestückt, die in der Ecke links neben dem Hauptzugang eingebaut wird. Offen stellt sich Heinrich von Berlepsch zugleich den Altarraum vor. Die Gesamtausstattung darf man sich spartanisch, zweckentsprechend und praktisch denken. Was alles wie Zukunftsmusik klingt, beschäftigt seit drei Jahren eine Vielzahl an Fachleuten.

In die Sanierung der Kirchenburg sind bislang 3,2 Millionen Euro geflossen. 300000 Euro gingen an Spendengeldern ein. In den nächsten Jahren wird das ehrgeizige Projekt weitere Millionen verschlingen.


„Meininger Tageblatt“, 1. 4. 2015, von Oliver Benkert