Arbeitsproben auf dem Leuchttisch

20.05.2016
Vorschaubild zur Meldung: Arbeitsproben auf dem Leuchttisch

Rückmeldung an die Teilnehmer/innen

des Wettbewerbs zur „Neugestaltung der Walldorfer Kirchenfenster“ Eva Skupin, Mehmels/Meiningen - Wolfgang Nickel, Georgenzell - Evelyn Körber, Hohenfelden - Andreas Scorupa / Atelier Goldstein, Frankfurt/M - Julian Plodek, Leipzig - Helge Warme, Brieselang - Thomas Jessen, Eslohe/Sauerland Gläser, die (an)sprechen!

Sehr geehrte, liebe Glaskünstlerinnen und Glaskünstler,

 

wir haben durch Ihre Fenster ein wenig in Ihre Welt schauen dürfen, die Welt der Farben, des Lichtes …eine gläserne und leuchtende Dimension, die zugleich doch auch tiefgreifendere Begegnung anregt – danke!

 

Wie echt diese Begegnung war und ist, haben wir Wiederaufbauer einander mehrfach mit großer Freude versichert. Dank Ihres riesigen Engagements, dem Herzblut, das Sie in Ihre Entwürfe gegeben haben, bauen wir unsere Kirche jetzt anders.

 

Die Kirchenmauern haben uns seit längerem schon vermuten lassen, unsere neue Kirche wird eine „Fensterkirche“, jetzt ist aus dieser Vermutung Gewissheit geworden …und die Fenster-Begegnung soll weitergehen, für alle stattfinden! Wir lassen uns auf Fenster ein, die uns ansprechen, die mit uns reden, die uns nicht in Ruhe lassen. Von diesen Fenstern gibt es unter Ihren Entwürfen mehr, als wir bauen können… keiner hat alle seine „Gläser“ fertig, wie sie am Ende werden sollen, doch Sie alle haben diese sprechenden Fenster dabei. Auch der Besucherstrom und die zahlreichen schriftlichen Rückmeldungen zur Ausstellung widerspiegeln diesen Eindruck.

 

Dienstag nach Pfingsten hat sich der Gemeindekirchenrat nun zusammengesetzt und über die Vergabe entschieden, heute hat die Architektenrunde abschließend beraten. Vorgelegen haben dem Entscheidungsträger die Ersteindrücke der Jury und eine zusammenfassende Beurteilung aus der Jurysitzung durch die Architekten. Der Jury gehörten an: Kunst- und Bausachverständige der Landeskirche, unsere Architekten, unsere Glasrestauratorin sowie Gemeindekirchenräte. Im Vorfeld sind zudem Bauphysiker beteiligt worden.

 

Außerdem hat sich der Gemeindekirchenrat mit allen schriftlichen Rückmeldungen der Ausstellungsbesucher bekannt gemacht und die Wirkung der Fenster auf die Besucher zur Kenntnis genommen.

 

Im Verlauf der Sitzung begegnete uns dann nach der ersten Runde eine Stimmengleichheit zugunsten mehrerer Glasgestalter. So sahen wir uns genötigt, die finale Entscheidung im Ausschlussverfahren herbeizuführen.

 

Wie bereits erwähnt, bauen wir unsere Kirche anders. Leitmotiv war demnach: Was bedeuten die Fenster des jeweiligen Künstlers für die Innenarchitektur… wo sollten wir uns bewegen, wo muss sich der Künstler noch ein wenig bewegen… da spielt zum Beispiel die Farbtemperatur eine Rolle, aber auch und besonders die „Sprache“ der neuen Fenster.

 

Als Ergebnis stellte sich dann zum Ende der Gemeindekirchenratssitzung neuerliche Stimmengleichheit zweier Künstler heraus. Unter Zuhilfenahme der Juryempfehlung und der Architektenzusammenfassung konnten wir dann jedoch sehr bald und in klarem Einvernehmen unseren Weggefährten für die weiteren Schritte des Wiederaufbaus benennen:

Julian Plodek, Leipzig

 

Unsere Architekten für das Innere der Kirche

OSTERWOLD°SCHMIDT beschreiben seine Arbeit wie folgt

Julian Plodek:

 

Der Entwurf von Herrn Plodek verblüfft mit unerwarteten Paradoxen: die Fenstergestaltung erscheint konkret und abstrakt, malerisch und grafisch, sachlich und unglaublich romantisch zu sein. Bei aller Fenstervielfalt in Form, Größe, Position etc. schafft der Künstler Bezüge zueinander und längs durch den Raum, indem übergeordnete Prägungen vereinen: im Norden die grafische, im Süden die malerische und zudem inhaltlich motivische Prägung. Das ganze Universum zwischen weltlichen und kirchlichen Bezügen sowie zwischen abstrakter und bildhafter Darstellung wird eingebettet in die Naturdarstellung.

 

Auf die gleiche Weise funktioniert auch die Technik und Motivmischung - sozusagen als universelles Gefüge, das abstrahiert wie konkret wirkt, auch symbolisch gelesen werden kann und sich auf diese Weise immer wieder selbst erklärt.

Vermutlich steckt in diesem Entwurf eine gewisse Genialität, da die Einzelidee immer wieder in die Gesamtidee überzugehen scheint und umgekehrt, so dass dem Betrachter Ruhe und innere Einkehr in dieser Wiederholung, in dieser Repetition, gleich einem Gebet - vielleicht darf man hier auch sagen: ähnlich einem Mantra - gegeben wird.

 

Statt Illustrationen werden Bilder vom Künstler angeboten - Bilder, die Identifikation stiften und Interpretationsspielraum lassen sollen. Ins Spannungsverhältnis werden dabei klassisch-traditionelle zu modernen Prinzipien und realistische Portraits zu abstrahierten Landschaften gesetzt.

 

Eine weitere Besonderheit besteht darin, die räumlichen Polaritäten der Innenraumgestaltung auch motivisch wie elementar auszuspielen „…Ferne und Nähe, Himmel und Erde, Wald und Flur, Leben und Tod … Adam & Eva (Taufkapelle) vs. Kreuz (Chor) … Landschaft ist dabei das verbindende Element.“ *aus den Erläuterungen Die elementübergreifenden Bilder wie auch die spannungsvoll gefügten Motivgruppen lassen einen besonderen Reiz in Gestaltung und Raumwirkung erwarten. Die vorgeschlagenen Techniken eröffnen zudem eine dreidimensionale Wirksamkeit und Wandelbarkeit durch Bewegung und Lichteinflüsse.

 

Die Dichte der Motive z.B. bei den Türen oder auch die Technikwahl der Portraits wären in einer weiteren Bearbeitung näher zu untersuchen z.B. hinsichtlich Nah- und Fernwirkung, Durchsehbarkeit o.ä.

 

Herr Plodek bietet einen Vorschlag an, der extrem klar und dennoch nicht vordergründige Fenstergestaltung ist, wohl aber dem Ort, dem Raum und der spezifischen Bestimmung dieser Walldorfer Kirche entspricht.

Freude und Bedauern

 

Sehr geehrte, liebe Glaskünstlerinnen und Glaskünstler, da haben wir nun die Entwürfe vieler genialer Glasfenster und können doch nur einen Teil davon bauen - das tut uns schon sehr leid und macht uns wirklich traurig und Sie ganz gewiss auch. Sie haben sich voll und ganz auf die neuen Fenster eingelassen, waren enorm phantasiereich, haben sehr, sehr viel Aufwand getrieben, lagen auch ganz und gar nicht daneben… und nun?

 

Ich wiederhole nochmals: Unsichtbar sind Sie alle dabei, denn wir haben eine veränderte Draufsicht auf unsere Kirche gewonnen und ich möchte Ihnen im Namen aller aufrichtig – danke – dafür sagen, auch haben sich Ihre Namen bei uns eingeprägt und verbinden sich nun mit Bildern.

 

Nun liegt noch allerlei Material von Ihnen hier und wir würden eigentlich gern recht vieles davon einbehalten, denn wir haben öfter Tage der offenen Tür mit Ausstellungen und würden Ihre Arbeiten gern noch mehrfach ausstellen, falls Sie einverstanden sind. Beim letzten Tag des Offenen Denkmal hatten wir 700 Besucher, in Kürze berichtet auch „Monumente“ über Walldorf -  das Interesse ist wirklich groß.

 

Darüberhinaus gibt es ein kleines Bilderarchiv der Ausstellung im Web: https://photos.google.com/u/3/share/AF1QipNm9q8cjKCo_ZEmc6KqpIlaGll7egfzTwk6yOLZft-S7vPfu8iLZAdzzC_w6gWO2g?key=WW96dk9XLWRVbmU3VEdjMG1QblVRZ0ZuODZaQmNB

Ihre Namen finden Sie in der Bildinfo rechts. Eine weitere Idee kam mir über dem allen noch: Es gibt in unserer Sakristei ein kleineres „freies“ Fenster und einen echten Walldorfer Wunsch:

 

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