Meininger Tageblatt

15.02.2016

Für die Schüler der Walldorfer Grundschule ist der Lernort längst nicht mehr nur die Schule. Es sind auch nicht mehr nur Lehrerinnen oder Hortnerinnen, die ihnen etwas beibringen… 

Walldorf–  Der Karnevalsumzug ist für die Mädchen und Jungen als auch für die Lehrerinnen der Grundschule Walldorf keine Pflichtveranstaltung. Dennoch macht der Großteil mit. Bei der Prunksitzung, die alljährlich am Karnevalsfreitag vor dem Umzug von Kindergarten und Schulen in Wasungen zelebriert wird, ist es anders.

 

Dieses närrische Stelldichein ist Pflicht. Dafür sind in diesem Jahr per Ausnahmegenehmigung sogar die Winterferien um einen Tag vorverlagert worden. Das Karnevalstagung  im Wasunger Paradies am Freitagvormittag war offiziell Schulunterricht.

 

Wer bei der Traditionspflege Karneval fehlte, brauchte einen triftigen Grund und eine entsprechende Entschuldigung. Aber das kommt kaum vor, weiß Karin Andres, die Leiterin der Walldorfer Grundschule. Denn die Prunksitzung, zu der alle Klassen Beiträge beisteuern, wird in der Bildungseinrichtung vorbereitet und dieser turbulente Vormittag steht auf der Liste der Dinge, die Schüler wirkliche gerne tun, oben.

 

Vielfältige Angebote Der Karneval ist, wie Karin Andres sagt, eine von vielen Schulveranstaltungen im Jahreslauf, die unter dem Motto „Lernen an einem anderen Ort mit anderen Partnern“ zusammengefasst werden kann. „Sie sind fester Bestandteil des Lehrplanes und finden in allen Klassen oder auch schulübergreifend statt.“ Die Angebotspalette, die den Klassenlehrerinnen und ihren Schülern zur Auswahl steht, ist bunt. Natur, Heimatkunde, Traditionspflege oder beispielsweise auch der Besuch eines Bürgermeisters in seinem Amt gehören dazu.

 

„Im Rahmen unserer Woche der Gewaltbereitschaft und Toleranz, die wir als wiederkehrende Veranstaltung hier mit hinzuzählen, sind viele öffentliche Behörden und Einrichtung wie die Polizei, das DRK, der ADAC, der Bildungsträger Meiningen, die Verkehrswacht und einige andere mit eingebunden, die uns dabei unterstützen“, erklärt Andres.

 

Zuverlässige und treue Partner der Grundschule sind seit Jahren im Rahmen dieses Projektes zugleich die Freiwillige Feuerwehr und der Heimatverein von Walldorf. Die Wehr präsentiert sich, ihren Fuhrpark und ihre Aufgaben wenigsten einmal im Jahr mit dem Effekt, dass sie dabei gleichzeitig Nachwuchs werben und gewinnen. Die junge Truppe mit ihren 30 Kindern und Jugendlichen, darunter Mädchen und Jungen, ist auf Kreisebene heute eine der stärksten Truppen. Alle Grundschüler sind mit dem Engagement im Ehrenamt vertraut.

 

Ähnlich wie die Angebote der Floriansjünger sind die Veranstaltungen des Heimatvereins, die beispielsweise Weihnachts- oder Osterbräuche vermitteln, aber auch Walldorfer Mundart vorstellen, ein Selbstläufer. „Die Themen wählen sie selbst aus und unsere Schüler kommen stets beeindruckt wieder zurück“, freut sich die Schulleiterin über den funktionierenden Austausch.

 

Einen starken Partner hat die Bildungseinrichtung auch mit der evangelischen Kirche des Ortes.Die Kontakte gehen weit über Religionsunterricht und Schülergottesdienst hinaus. Zuletzt hat Pfarrer Heinrich von Berlepsch den Grundschülern die Wiederaufbauarbeiten auf der Kirchenburg vorgestellt und erklärt, wie sie künftig einmal genutzt werden soll. „Wir sind gespannt, was da alles entstehen wird und freuen uns, dass wir die vielfältigen Möglichkeiten künftig nicht nur im Rahmen des Unterrichts, sondern auch in den Ferien nutzen können“, verweist Andres auf eine Vielzahl von Freizeitmöglichkeiten. Mit Kletterwand, Zeltlager, Archäologie, Biotopkirche, Backofen nennt die Leiterin all die, die ihre gerade einfallen. „Wenn das alles so wird, wie geplant, dann bereichert das unser Schulleben. Wir können uns vorstellen, die Angebote dauerhaft nutzen und in unsere Aktivitäten mit einzubauen.“

 

Offene Kirchenburg

Für den Pfarrer und die Kirchgemeinde ist dies eine Offerte, die sie mit der sanierten Kirche nicht nur der Grundschule, sondern den Bürgern des Dorfes und der Gesellschaft machen. Sie wünschen sich eine breite Nutzung der Kirchenburg, die in zwei Jahren wieder komplett zur Verfügung steht. Mit einem sogenannten Gemeindeaufbaukonzept werben sie schon jetzt für ihre Vorhaben. Die Grundschule mit ihren derzeit 259 Schülern, 14 Lehrerinnen und sieben Erzieherinnen wird ein wichtiger Baustein in dem großen Puzzle Kirchenbelebung sein.

 

Hintergrund: Die Kirchgemeinde wollte von Anfang an mehr als nur die Wiedererrichtung einer ausgebrannten Kirche. Im Gemeindeaufbaukonzept, welches stetig ergänzt und vervollständig wird, spiegelt sich dieses Vorhaben wider.

 
Es stützt sich auf folgende Schwerpunkte: Arbeit mit Kindern und Familien innerhalb der Erlebniskirchenburg. Durch einfache Angebote wie Ausstellungen, historische Gartenanlage, Kletterwand und der Dinge mehr sollen Kirchengrenzen überschreitende Möglichkeiten für Begegnungen geschaffen werden. Denkmal- und Bodendenkmalpflege werden ähnlich gewichtig angelegt und präsentiert wie die musikalische Arbeit innerhalb einer flexiblen Kircheneinrichtung ausgebaut und gepflegt werden soll. Alles zielt auf eine offene Kirchburg ab, in der Andersgläubige und Andersdenkende aller Nationalitäten mit offenen Armen empfangen werden sollen, wie dies zum Beispiel beim jüngsten Tag der offenen Tür schon geschah.

Redakteur Oliver Benkert (Abdruck mit frdl. Genehmigung vom MT) 

 

Bild zur Meldung: Meininger Tageblatt