Neugestaltung Kirchenfenster Walldorf

19.05.2016

Erläuterungen zur Bildsprache/Motivwahl
 

Die hier zu besprechenden Gestaltungsvorschläge sollen in der Hauptsache keine Illustrationen darstellen, sondern als Bilder funktionieren, die dem heutigen Betrachter zunächst einmal unmittelbare Identifikation ermöglichen. Verzichtet wurde deshalb weitgehend auf Attributierungen, die eindeutige Ausdeutungen erzwingen, gleichwohl sie sich solchen Interpretationen nicht verschließen. Die folgenden Ausführungen seien in diesem Sinne als Vorschläge verstanden.

 

Der Entwurf gliedert die Kirche in eine überwiegend malerisch geprägte Süd- und eine grafisch geprägte Nordseite. Maßgeblich sind die Polaritäten Ferne und Nähe, Himmel und Erde, Wald und Flur, Leben und Tod. Landschaft ist dabei das verbindende Element. Der Darstellung von Adam und Evas im Westfenster der Taufkapelle steht das Kreuz im Chor gegenüber.

 

Die für die Gestaltung der Fenster gewählte Bildsprache verbindet klassischtraditionelle Kompositions- und Gestaltungsprinzipien mit modernen. Bezüge etwa auf gotischen Formen finden sich in der statuarischen Anordnung der Figuren des Taufkapellenfensters und den symmetrischen Kompositionen. An den Prinzipien moderner Formensprache geschult sind dagegen unter anderem die realistischen Ausführungen der Porträts wie auch die streng vereinfachten landschaftlichen Motive.

 

In den großen Fenstern der Südseite und dem Chorfenster sind Landschaften in vier Tageszeitenstimmungen zu sehen, vom Sonnenaufgang im Osten über den Mittag, den Abend bis hin zum Sonnenuntergang. Sonne und Mond als Christussymbole spielen hier eine Rolle.

 

Die Landschaftsfenster bilden den Rahmen für die kleinen Fenster im Zentrum der Südseite. Drei Porträts verweisen hier auf die Verkündigungsgeschichte: Frau und Mann, Maria und Josef, darüber ein Mädchen, ein Engel. Der Komet im ganz rechten Fenster der Südseite erzählt die Geschichte fort.

 

Die Nordseite zeigt eine nächtliche Szenerie, zentral ist der durch Äste scheinende Mond. Zur Mondsymbolik als Hinweis auf die Hoffnung auf Auferstehung und die Unsterblichkeit der Seele gehört hier komplementär das Skelet als Bild für die Endlichkeit alles Irdischen. Zugleich steht es der Verkündigungsszene gegenüber und verweist auf die Grabungsfunde.

 

Die vom Mondlicht beleuchtete Treppe lässt sich analog dazu als ein Bild für die Verbindung zwischen Himmel und Erde und dem Übergang vom Diesseits ins Jenseits lesen. In diesen Bildkontext gehört auch das Motiv des Storchs, der als treuer Wiederkehrer ein Sinnbild für die Auferstehung ist und der zugleich auf eine äußere Funktion der Kirche als Brutstätte verschiedener Vogelarten verweist.

 

Die Türen sind in die Gestaltung einbezogen. Sie zeigen heruntergestürzte, verkohlte Balken, die auch im Ostfenster als leeres Kreuz noch einmal auftauchen. Die Balken lassen sich im biblischen Kontext wie auch als Hinweis auf den Brand verstehen,zugleich können sie aber auch ein eingängiges Bild für den nicht einfachen Weg der Kirche und des Einzelnen aus dem geschützten Kirchenraum hinaus ins Leben sein.

 

Im Gegensatz zu den bisher erläuterten, sehr offenen Motiven zeigt die Taufkapelle zwei nackte Menschen, einen Mann, eine Frau, die über das Attribut des Apfels als Adam und Eva identifizierbar sind. Ihnen gegenüber steht am anderen Ende des Kirchenraumes das leere Kreuz; hier das Wunder der Schöpfung des Menschen und zugleich der Anfang seiner Leidensgeschichte, dort seine Erlösung durch Jesus Christus.

 

Erläuterungen zum technischen Verfahren

Entsprechend der unterschiedlichen Motivgruppen erfolgt auch die Realisierung mit Hilfe verschiedener traditioneller wie moderner Verfahren; der Bogen spannt sich von der klassischen Bleiverglasung mit Echtantikglas bis zu modernen Drucktechniken und der großflächigen Verwendung von Schmelzfarben.

 

Die figurativen Fenster werden in Bleiverglasung unter Verwendung von Echtantikglas und Überfangglas ausgeführt. Lichter werden aus den Überfängen herausgeätzt, die Modellierung der Körper und Formen erfolgt mit Hilfe von mehreren Schichten Konturund Schmelzfarbe und zusätzlichen Radierungen.

 

Für die kleineren Poträtfenster wäre das Verfahren noch zu diskutieren. Neben der klassischen Verbleiung verschiedener Buntglasscheiben könnte hier auch ein modernes Rasterverfahren zum Einsatz kommen (Rasterdruck über verschiedene Farbflächen, vgl. meine Fenster in der Ausstellung „Glanzlichter“).

Für die großen Landschaftsfenster der Südseite ist eine kombinierte Verwendung von buntem Antikglas und malerisch aufgetragenen Farbverläufen, die auf die Trägerscheibe laminiert werden, vorgesehen. Alternativ ist auch eine vollständig malerische Lösung auf nur einer Scheibe denkbar.

 

Auf der Nordseite wird die Schutzverglasung in die Gestaltung einbezogen. Auf ihr werden die farbigen Flächen malerisch oder durch Siebdruckverfahren aufgetragen. Zusätzlich wird die Scheibe durch Sandstrahlen getrübt, um das schwächere Nordlicht zu fangen. Die grafischen Strukturen stehen schattenrissartig davor. Ein Bleirutennetz ermöglicht die Verwendung von farblosem Echtantikglas mit unterschiedlicher Struktur und Bläselung. Durch die Staffelung des Motivs auf zwei Ebenen entsteht zudem zusätzliche Tiefe. 

 

Danke für Ihr Interesse!

Weitere Informationen folgen.

Herzliche Grüße,

Ihr Heinrich v. Berlepsch

 

Bild zur Meldung: Neugestaltung Kirchenfenster Walldorf